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CLIFTON CHILDREE – Fuck that Chicken from Popeyes @ Kunsthalle project space

Clifton Childree ist ein analoger Künstler in einer digitalen Welt. Er zieht die Handkurbel und das Ruckeln und Flackern eines alten Schwarzweiß-Slapstickstreifens der glatten Ästhetik von High Definition-Auflösungen der Gegenwart vor. Er ist fasziniert vom Talmiglanz und vom Tingeltangel billiger Illusionswelten, aus denen er formale Konzepte, Ideen und Materialien entlehnt, die sich als 16mm-Filme und raumgreifende Installationen manifestieren: Zirkus, Stummfilm, Vaudeville sind seine Inspirationsräume. Weggeworfenes und Verbrauchtes verwandelt er in Schauplätze für ein humoristisches Theater des Grotesken und der unbegrenzten Exzentrik, wo Unterhaltungsformen wiederbelebt werden, deren Blütezeit die amerikanische Jahrhundertwende zwischen 1880 und 1930 war.

Die Kunst von Clifton Childree ist eine Kunst der Bricolage, die verrottetes Holz, altes Mobiliar und vergammelte Textilien recycelt, die eine organische, objekthafte und körpergebundene Wirklichkeit gegenüber zeitgenössischen Kompensations- und Illusionsräumen virtueller Cyberspace-Realitäten aufwertet. Seine Kunst spricht die Sprache des Karnevals, die einen kreativen kulturellen Freiraum des kommunikativen Spiels und der interaktiven Zerstreuung jenseits von strengen Ordnungssystemen und der Kontrolle durch den Intellekt artikuliert. Fuck that Chicken from Popeyes ist der Titel der neuen Installation aus Filmen und Fundstücken, die Clifton Childree für den project space geschaffen hat: Neun animierte Collagen, basierend auf Wiener Postkartenmotiven aus der Zeit um 1900, überblendet mit Bildfragmenten aus der US-amerikanischen Populärkultur (Uncle Sam, Father Christmas, Popeyes), spielen auf Vergnügungsstände wie Wurf- oder Schießbude aus heute nostalgisch besetzten mechanischen Wunderwelten an. Das skulpturale Setting – die Darstellung eines Zirkuszeltes, das von einem Hurrikan verwüstet wurde – lässt Ästhetik und Atmospähre des Bewegungsbildes in den Realraum wuchern.

Clifton New York 2009 represented by Galerie Ernst Hilger

Clifton Childree is an analogue artist in a digital world. He prefers the hand crank and the flickering of an old black-and-white slapstick movie to the slick aesthetic of today’s high-def resolution. He is fascinated by the tawdry glitter and honky-tonk of cheap illusionary worlds, which inspire the formal concepts, ideas and materials of his 16mm films and spatial installations: circus, silent film, vaudeville, these are his inspirations. He transforms discarded and worn-out things into theater of grotesque and unlimited eccentricity, reviving forms of entertainment that saw their heyday in the United States between 1880 and 1930.

Clifton Childree’s art is one of bricolage that recycles rotten wood, old furniture and seedy textiles in order to revaluate an organic, object-based, body-hound environment contrary to present cyberspace realities and their compensatory, illusory realms. His art speaks the language of carnival, articulating a creative cultural zone of communicative play and interactive distraction in which the opening of rigid classification systems and the control of the intellect can be played out.

Fuck that Chicken from Popeyes is the title of the new installation which Clifton Childree made for the project space, comprised of films and found objects: nine animated collages based on Viennese picture postcard motifs from around 1900 with cross-fade image fragments form US popular culture (Uncle Sam, Father Christmas, Popeye), hinting at sites of entertainment such as ball toss stands and shooting galleries from wonder worlds with nostalgic connotations. The sculptural setting – representing a big top devastated by a hurricane – extends the aesthetics and atmosphere of the moving image into real space.

(Quelle/Source : Kunsthalle project space)

her ARTic impression:

Die Kunsthalle project space bietet dieses Mal eine einzigartige Rauminstallation, die den Besucher in eine neue Welt voller Klischees, Karneval-Atmosphäre und Konfrontation exzentrischer Selbstdarstellungen des Künstlers eintauchen lässt. Während man durch Laub, Staub, Äste und leere Weinflaschen den Raum durchwandert, betrachtet man die Animationen in schrillen Farben und Formen, begleitet von eigentümlichen Zirkustönen. Eine künstlerische Entdeckungsreise mit Spaßfaktor. Zu sehen bis 16. März 2011.

Bruce Connor @ Kunsthalle Wien

Bruce Conner, geboren 1933 in McPherson, Kansas, wird in einem Atemzug mit den großen Avantgardisten wie Jack Smith, Jonas Mekas und Andy Warhol genannt. Seine Experimentalfilme zählen heute zu den Vorläufern der MTV-Clips. Conner hat nicht nur neue Wege des Filmemachens aufgezeigt, sondern sich durch seine Arbeiten in unterschiedlichsten Medien immer wieder selbst neuerfunden, seit er als bildender Künstler in den 1950er Jahren zuerst mit Assemblagen bekannt geworden war. Künstlerische Identität und Authentizität waren für den Künstler dehnbare Begriffe, die er kritisch und humorvoll hinterfragte. Ob er eine politische Kandidatur inszenierte, den Namen seines Freunden Dennis Hopper als Pseudonym verwendete oder sich weigerte, seine Werke zu signieren, entzog er sich künstlerischen, persönlichen und markttauglichen Kategorisierungen.

Seine STAR-Zeichnungen erinnern an einen dunklen Nachthimmel, aus dem Sterne als kleine weiße Punkte erscheinen oder aber auch an den flimmernden Bildschirm eines Fernsehapparates. Die Zeichnungen sind das Ergebnis einer intensiven, anhaltenden Konzentration und künstlerischen Anstrengung. Conner zeichnete mit Feder und Tinte stetig Linien auf weißes Papier, bis dieses fast schwarz und der Papierhintergrund nur mehr in Form kleiner Punkte sichtbar war.

Die INKBLOTS (Tintenkleckszeichungen) erinnern auf den ersten Blick an Rorschachtests, wie sie zur Psychodiagnostik eingesetzt werden. Conners Tintenkleckse sind in regelmäßigen, unterschiedlich dichten Mustern angeordnet. Jedes einzelne Muster kann individuell gesehen und verstanden werden. Der Künstler verfolgte allerdings nicht die Absicht, zu psychologischen Assoziationen anzuregen.

Bruce Connor befasste sich ebenso künstlerisch mit Mandalas. Sie belegen seine meditative Auseinandersetzung mit der Zeichnung als Mittel der „geistigen Entleerung“.

Die Gemälde von Bruce Conner stehen eng mit seinen Papierarbeiten und seinen Filmarbeiten in Verbindung. Zumeist malte der Künstler mit Latexfarbe, Acryl oder Öl auf Leinwand, ohne sich vorher auf ein Format festzulegen. Das Farbspektrum ist extrem reduziert.
Conner verwendet die Symmetrie als Kompositionsprinzip, was sich auch in seinen Filmen wiederfindet.

In seinem Film CROSSROADS inszeniert Conner das atomare Inferno.
Die Arbeit basiert auf Archivmaterial der amerikanischen Regierung, das den Atombombentest „Crossroads“ im Bikini-Atoll am 25. Juli 1946 zeigt. Conner schneidet Aufnahmen zusammen, auf denen die Unterwasserexplosion der Atombombe Baker aus verschiedenen Blickwinkeln zu sehen ist. Er ästhetisiert das Geschehen durch Wiederholung und Verlangsamung. Die Musik spielt auch hier eine wichtige Rolle: nach stillen Sequenzen setzt eine melancholische Melodie ein, mit emotionalem, dramatischem Grundton.
Mit diesem Film zeigt Conner seine Betroffenheit über weltpolitische Ereignisse zur Zeit des Kalten Krieges und seine kritische Haltung gegenüber der beschönigenden Berichterstattung über die Operation „Crossroads“ und ihre zerstörerischen Auswirkungen.

Bruce Connor betrachtet die Signatur bloß als „eine Lizenz Geld zu drucken“, und als störendes Beiwerk. Zum Leidweisen seines Galeristen hatte er bereits einige Jahre zuvor beschlossen, seine Werke nicht mehr zu signieren – aus Respekt vor der künstlerischen Arbeit und als Statement gegen die Macht und die Manipulation gegen den Kunstmarkt. So begann er seine Lithografien mit seinem Fingerabdruck zu zeichnen und setzte der Unterschrift humorvoll noch einen authentischeren und fälschungssicheren Akt entgegen, dass aber keiner Wertsicherung diente.

 

her ARTic impression:

Mit einer umfangreichen Werkauswahl gibt die Ausstellung einen Einblick in die Multimedialität und Innovation des Schaffens von Bruce Conner. Besonderes Augenmerk liegt auf den Arbeiten der 1970er Jahre. In Malerei, Zeichnung und Film zeigt sich das Experimentieren mit den vielfältigen Möglichkeiten seiner eigens stilistischen Abstraktion.
Seine Arbeiten thematisieren die Auflösung des Individuums. Die charakteristischen Hell-Dunkel-Kontraste/Schwarz-Weiß-Kontraste seiner Werke spiegeln sich vor allem in seinen Filmen wider. Sie zielen auf ein Verändern der Sehgewohnheit der Gesellschaft. Sein vielfältiges künstlerisches Schaffen macht es besonders schwierig ihn zu kategorisieren und so wird man allmählich gezwungen sich mit seinen Werken näher zu befassen und besser auseinanderzusetzen, um seine Kunst zu verstehen.

Die Aktionen Bruce Conners hinterfragen humorvoll und ironisch die Rolle des Künstlers in der Gesellschaft und das Verhältnis zwischen Künstler und Kunstwerk. Sie sind als Gegenstrategien gegen Erwartungen des Kunstsystems zu verstehen.

Obwohl das künstlerische Repertoire Conners äußerst vielfältig ist, scheint sich durch seine Arbeiten kein „roter Faden“ zu ziehen. Der Betrachter hinterfragt die Thematik der Gesamtwerke des Künstlers. Bruce Connor schwamm gegen den Strom des Kunstmarkts – ein Argument, dass ihn besonders sehenswert macht.

Zu sehen in der Kunsthalle Wien vom 08. Oktober 2010 bis 30. Jänner 2011.

Stopmotion Video Streetart Workshop miz JUSTICE Kunsthalle Wien

Endlich online! Mehr zum Workshop hier.

Street and Studio – Von Basquiat bis Séripop @ Kunsthalle Wien

Street and Studio  – Von Basquiat bis Séripop behandelt die Bereiche künstlerischer Aktion in denen es zu Überschneidungen im öffentlichen Raum und Atelier kommt. Die Straße, der öffentliche Raum, steht für schnelles, spontanes Schaffen, das oft auch illegal und unter großem Zeitdruck vor sich geht. Das Atelier ist das traditionelle Umfeld des Künstlers, in dem dieser nach seiner Inspiration und künstlerischen Produktivität in Ruhe arbeiten kann.

Im Zentrum von Street and Studio steht die Arbeit von Jean-Michel Basquiat (1960-1988), der Straße und Atelier nicht als Gegensatz betrachtete, sondern seine Themen und Motive aus ihr gewann und daraus eine unverwechselbare künstlerische Handschrift entwickelte.

Basquiats Werke werden mit Arbeiten von KünstlerInnen nachfolgender Generationen von Sophie Calle über Dara Birnbaum und Robin Rhode bis Shaun Gladwell in Beziehung gesetzt, welche die Faszination für die ästhetische Revolte im öffentlichen Raum widerspiegeln. Jüngere Vertreter von Neoexpressionismus bis Streetart von Séripop und Banksy zeigen, wie sich die Dynamik von Plakaten, Graffititechniken und Performances unter den zeitgenössischen Ausdrucksbedürfnissen und neuen Medien transformiert haben.

Die Grenzen zwischen Atelier und Straße lösen sich auf, der öffe ntliche Raum wird zu einem Ort der Kommunikation und der Verbindung zu einer Gegenwelt künstlerischer Freiheit: „…die Straßen erscheinen mir wirklich toll, sie sehen aus wie Kunstwerke….ich wollte die Stadt rot anmalen, ich wollte sie schwarz anmalen.“ (Jean-Michel Basquiat).

Als freier und entkommerzialisierter Bereich ist der öffentliche Raum dem Spannungsverhältnis zwischen Möglichkeiten und Verboten ausgesetzt. Die KünstlerInnen re-interpretieren bekannte Zeichen und Codes. In einem Aufstand der Zeichen reichte schon bald ein normaler tag im Wettstreit um Ruhm nicht mehr aus, da es in der Masse unterging. Qualität wurde wichtiger als Quantität. Man begann die Schriften, größer und aufwändiger zu gestallten wonach sich der Ausdruck piece entwickelte. Die Techniken entwickelten sich weiter und es kam zu einer Vielfalt urbaner künstlerischer Interventionen, die heute als Streetart bekannt ist.

Stencilart, das Arbeiten mit pochoirs beziehungsweise Schablonen, ist eine spezielle Technik von Graffiti und Streetart, die ihre oft semiabstrakten Tags durch konkrete Formen und klare Motive ersetzt. Die erzählende Eigenschaft der Arbeiten, die häufig an Comic-Ausschnitte erinnern, wird erhöht.

KünstlerInnen

Rita Ackermann / Charlie Ahearn / Eric Andersen / Kader Attia / Banksy / Jean-Michele Basquiat / Data Birnbaum / Blek le Rat / BLU / Sophie Calle / Francesco Clemente / Jane Dickson / Brad Downey / Christian Eisenberger / Futura / Dani Gal / Ingo Gienzendanner (GRRRR) / Shaun Gadwell / Keith Haring / Jenny Holzer / Mark Jenkins / Leopold Kessler / Lady Pink / Sol LeWitt / Basim Magdy / Art Marcopoulos / miz JUSTICE /Ramm:ell:zee/ Robin Rhode / Evan Roth / Séripop / Rita Vitorelli/ Andy Warhol

Jean Michel Basquiat wurde in Brooklyn als Sohn eines haitianischen Vaters und einer puerto-ricanischen Mutter geboren, mit der er schon als Kind regelmäßig New Yorker Museen besuchte. Als er 1968 Opfer eines schweren Autounfalls wurde und einen Monat im Krankenhaus bleiben musste, schenkte ihm seine Mutter Gray’s Anatomy, ein 1901 von Henry Gray herausgegebenes Nachschlagewerk mit eindrücklichen 1.247 anatomischen Gravuren. Die Illustrationen übten eine nachhaltige Wirkung auf ihn aus. So nannte er etwa die in den späten Siebzigerjahren von ihm gegründete Band „Gray“ (Musikvideo).

1982 begann seine internationale Karriere: Basquiat war der jüngste von 176 KünstlerInnen, deren Werk bei der „documenta 7“ in Kassel präsentiert wurde. Immer auch mit der Subkultur in Berührung, gestaltete er Plattencovers für befreundete Künstler wie die Rapper Fab 5 Freddy, Toxic, A-One und Ramm:ell:zee und verkehrte regelmäßig als Gast DJ und Interpret bei den hippen Clubs von New York und Los Angeles.

Ab 1983 intensivierte sich seine Freundschaft mit Andy Warhol was zu verschiedenen gemeinsamen Projekten führte. 1984 stellte Basquiat als einer der ersten afroamerikanischen Künstler im Museum of Modern Art in New York aus. Es folgte eine Phase intensiver Ausstellungs-und Reisetätigkeit bis ins Jahr 1987. Ein Jahr nachdem Andy Warhol, sein wichtiger Mentor, am 27.Februar 1987 überraschend ums Leben gekommen war, starb Basquiat 27-jährig an einer Drogenüberdosis. Trotz seines frühen Todes erschuf der Autodiktat ein imposantes Werk mit einer unbekehrbaren Handschrift. Sein Freund der Rapper und Sprayer Fab 5 Freddy aka Fred Bradawake, äußerte sich folgendermaßen treffend dazu: „Ich glaube Jean-Michel lebte wie eine Flamme. Er brannte strahlend hell. Dann ging das Feuer aus. Doch die Glut ist noch nicht erloschen.“ (2007)

KuratorInnen: Cathérine Hug, Thomas Mießgang

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Neben den vielen Werken von Jean-Michel Basquiat, einer enormen Collage-Installation von Séripop, „versteckte“ Menschenfiguren von Mark Jenkins und einigen Videos über Streetart von Banksy bis Blu, zeigte sich mein Interesse auch den „kleineren“ und weniger prominenten KünstlerInnen der Streetart Szene. So gefiel mir besonders ein Video über den schweizer „Strichmännchenkünstler“ Harald Naegeli, der aufgrund seines Sprühens minimalistischer Figuren im öfftenlichen Raum, verhaftet wurde. Naegeli wuchs noch ganz im Einfluss des Dadaismus auf. So erschien ihm Graffiti oder Streetart als neue Form künstlerischer Rebellion gegen eine uniformierte Stadt als besonders ansprechend. Seine Gefängnisstrafe sah er nicht als Demütigung an, doch fragte er sich welcher Künstler aufgrund seiner Kunst schon ins Gefängnis landen musste. „So endet man mit Gekrikel und Gekrakel…(er lacht)…ist natürlich nur eine Vorstufe.“

Die Ausstellung zeigte neben international bekannten auch lokale Streetartkünstler wie miz JUSTICE oder Christian Eisenberger.

Street and Studio befasst sich mit einer umfangreichen Sammlung der Streetart in all ihren Formen. Die Ausstellung hilft zum Verständnis der Entwicklung dieser künstlerischen Bewegung und bietet eine äußerst ansprechende Darbietung einer modernen und hochaktuellen Kunstepoche.

Unbedingt empfehlenswert für solche die Streetart als eigenständige Kunstrichtung bereits für sich entdeckt haben.

Street and Studio – Von Basquiat bis Séripop

25.Juni bis 10. Oktober 2010 in der Kunsthalle Wien

Street Art Workshop @ Museumsquartier Vienna

YoYoYo!

Street Art Künstlerin miz JUSTICE, Organisatorin des Workshops, die selbst ebenso bei der Kunsthalle in Street and Studio von Basquiat bis Séripop ausstellt. Bei fast unerträglicher Hitze galt es auf dem Dach des Museums der Kunsthalle ein Stopmotion Video zu kreieren.

Vier Gruppen wurden gebildet, bei der jede seine Idee auf Boden und Wand zu bringen hatte. Als Material standen verschiedene Deckfarben zur Auswahl. Ideen waren äußerst kreativ und vielfältig; beispielsweise malten wir graue Platten auf dem Boden jeweils in orange und blau an, um den Effekt eines „Snake-Spiels“ entstehen zu lassen.

Bis unsere Gruppe an der Reihe war, nutzte ich die Gelegenheit miz JUSTICE, Studierende der Akademie der bildenden Künste in Wien mit charmanten Klagenfurterakzent, ein paar Fragen zu ihrem Künstlerleben zu stellen. Sie erzählte mir, dass sie schon immer gern zeichnete und äußerst zufrieden mit ihrem Studium ist. Bei der Präsentation ihrer Mappe für die Aufnahme in die Akademie versuchte sie ein breites Spektrum an verschiedenen Techniken auf einen Schlag zu präsentieren um so ihr künstlerisches Talent und Geschick direkt sichtbar zu machen. Graffitis und Street Art Werke waren miteingebunden. Miz Justice sprayt seit über 4 Jahren, hat sich einen festen Platz in der Szene der urbanen Kunst verschafft und freute sich besonders über die weiblichen Teilnehmer des Workshops, vor allem da es ihrer Meinung nach zu wenige „Mädels“ gibt, die sich mit dieser Art von Kunst beschäftigen.

Von 10 bis 17 Uhr wurde auf dem Dach der Kunsthalle für das Stopmotion Video gewerkt. Wer noch Lust hatte, durfte am Schluss der Veranstallung die Wände besprühen; eine ganze Kiste an Spraydosen stand uns dabei zur Verfügung.  Mein erstes Street Art Werk  – Rudolphschneebaum.

Stopmotion Video demnächst online!

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Keith Haring @ Kunsthalle Wien

Die vom 28. Mai bis 19. September 2010 laufende Ausstellung in der Kunsthalle Wien zeigt eine vielschichtige Schaffensperiode des vor 20 Jahren verstorbenen  Street Art Künstlers Keith Haring. Keith etablierte sich in den Jahren 1978 bis 1982 in New York und erlebte zu dieser Zeit seinen Aufstieg als internationaler Pop-Art Künstler. Die Schau befasst sich  mit seinen frühen experimentellen Jahren.

„Der 1958 in Reading, Pennsylvania, geborene Keith Haring zeichnete schon in jungen Jahren Cartoons und lernte, wie sich durch eine einfache Linie Bewegung, Gestik und Gefühl vermitteln lassen. Bereits damals entschloss er sich, Künstler zu werden. Um die Sorgen seiner Eltern zu zerstreuen, ob er sich damit seinen Lebensunterhalt verdienen könnte, besuchte er für kurze zeit eine Schule für Werbegrafik in Pittsburgh bevor er nach New York ging. 1978 begann er an der School of Visual Arts zu studieren und die seiner Meinung nach aufregendste Stadt der Welt zu erkunden. Bald wurde Haring zum fixen Bestandteil der Kunstszene und schwulen Subkultur. In seinen ersten Jahren in New York experimentierte Haring mit musterartigen geometrischen Formen, beschäftigte sich mit Performance und Video und hielt seine Überlegungen zur Kunst in Tagebüchern fest. In den 1980-er Jahren fand er zu seinem unverwechselbaren Vokabular, für das er heute bekannt ist. Während seiner kurzen, aber kometenhaften Karriere, die mit Hunderten anonymen Kreidezeichnungen in New Yorker U-Bahn-Stationen begann, zeigte Haring seine Arbeiten auch in Museen und Galerien auf der ganzen Welt. Trotz seines beruflichen Erfolgs blieb der Künstler immer seiner Philosophie treu, dass Kunst für alle sei. Er schuf über 50 Wandmalereien im öffentlichen Raum, arbeitete mit Kindern und eröffnete in New York und Tokyo seine umstrittenen Pop Shops.

Keith Haring:1978-1982 umspannt die Zeit, in der Haring seinen künstlerischen Stil entwickelte, der ihn von abstrahierten Formen zum Figurativen führte. Die Ausstellung beleuchtet sein Interesse an verschiedenen Medien, seine Rolle als Kurator in der pulsierenden New Yorker Kunstszene und seine kraftvolle und provokatie Bildsprache.

Kuratorin/Curator: Raphaela Platwo¹“

her ARTic impression:

Fasziniert war ich von seiner Arbeit „A Circle Play“ 1979 VHS in DVD. Zu sehen war ein junger Mann sitzend in der Mitte eines riesigen weißen Papiers, ein Buch haltend. Während Keith das Blatt mit schwarzer Farbe bemalte und somit seine typischen von Comic inspirierten „Bewegungsmuster“ entstehen ließ, las der junge Mann ein Buch vor.

Das Wort „Circle“ kam dabei oft zur Sprache und Haring malte währenddessen rund um den Vorleser herum, bis kein Platz mehr für ihn da war. Mich begeisterte es den Künstler selbst bei der Arbeit betrachten zu dürfen, wie er ohne lang zu überlegen ein ganzes Blatt fühlte. Die Bewegungen seiner Hand wirkten wie einprogrammiert und ich konnte nicht nachvollziehen wieso er Streifen malte, wenn aber doch wieder das Wort „Circle“ fiel. Der vorgelesene Inhalt ergab nicht viel Sinn, aber beide Aktionen schienen ohne einander noch viel skurriler zu sein, als sie ohnehin schon waren.

Ein weiteres Video, indem Haring wieder das Blatt fühlte, zeigte wie er plötzlich selbst zu seiner Kunst eingebaut wurde und metaphorisch nicht mehr „aus ihr raus konnte“.

Neben den Videos, konnte man ebenso seine Tagebucheintragungen betrachten. Keith war Leser und beschäftige sich mit der Literatur, was in seinen Arbeiten, vor allem seinen Collagen und Flyern widergespielt wird. Er experimentierte mit der Sprache und provozierte somit sein Publikum [„Pope killed for freed hostage“].

Er kreierte ein eigenes Alphabet und widmete der geschriebenen Sprache eine eigene Ästhetik. Nicht nur die Schrift, sondern auch gesprochene Wörter waren Teil seiner Kunst. So filmte er seine Freunde während sie bestimmte Buchstaben oder Wortcollagen selbst wiederholt wurden [Machines, Lick Fat Boy, Phonics Artikulation].

[“Haring documented his aesthetic discoveries in journals filled with precise notes and careful illustrations. One of the early artistic experiments he detailed in his journal involved the exploration of a set of geometric forms ranging from a simple L-shape to complicated, interlocking designs. A group of twenty-five red gouaches in this exhibition illustrates the diversity of the forms he developed during this period. He was interested in how the resulting alphabet of shapes could be assembled in various combinations to simultaneously create vivid patterns of forms and of the eloquent negative spaces between them. He was particularly concerned with the effects these patterns had on the way someone would view as a whole. As he wrote in his journal:

(A) Eye tends to be drawn to “individual” shapes instead of the structure created by an entire “group” of shapes.

(B) If each shape operates only in a positive/negative relationship when viewed as a member of a group, the effect is one of more unity and more flowing movement. Eye tends to view as a whole, instead of grouping individual shapes.

Both of these principles can operate effectively on separate levels or on a combined level, but consideration of these facts is important.”²]

Keith war nicht nur Künstler sondern auch selbst Kurator und zeigte somit sein Engagement für  eine weniger exklusive Kunstszene. Er kündigte die Veranstallung über zahllose kopierte Flyer an, die als einzigartige Kunstwerke erhalten geblieben sind.

[Club 57 INVITATIONAL – 1980. GUEST CURATOR: KEITH HARING. Thursday – May 29 – 1980: 9 pm. Club 57 – 57 St. Marr’s Pl. NYC. INFORMATION TO INVITED ARTISTS: please bring work to CLUB 57, on May 29 between 12noon and 4am (with required hanging materials (?)) no work accepted after 7pm, the club will be open the following day to pick-up the work. ALSO a small Xerox booklet will be assembled and be available for sale at the show to pay for the show. Contributors receive one free copy. Artists (?) are asked to submit any material (one page) suitable to be xeroxed before May 20, 1980. To: Keith Haring (…)³].

Das wohl auffallendste und in seiner Größe erstaunlichste Werk war der über einige Meter lange Papierstreifen, bemalt mit seinen geometrischen Mustern. Haring zeichnete keine Skizzen, somit ist jedes Werk einzigartig und unverwechselbar in seiner Form. Als er erfuhr, dass er an AIDS erkrankt worden ist, engagierte er sich mit seiner Kunst für gemeintätige Aktionen und deklarierte so sein Erbe:„Die Welt ist dieses Ding um mich herum, das ich für mich gemacht habe und für mich sehe. Die Welt wird es jedoch auch weiter geben, ohne dass ich da bin, um sie zu sehen, sie wird dann nur nicht „meine“ Welt sein. Das interessiert mich an der Situation, in der ich mich jetzt befinde, am meisten. Ich mache Dinge in der Welt, die nicht mit mir verschwinden werden.“

Keiths Idee war Kunst für jedermann zu machen, er nutzte den öffentlichen Raum als Forum über das er sich an alle und jeden wenden konnte. Sein Einfluss zeigt sich bis heute an zeitgenössischen Künstlern wie Jeff Koons, aber auch bekannten Vertretern der Streetartszene wie Banksy, SWOON oder Shepard Fairey, die es ebenso bis zu den internationalen Galerien und Auktionshäusern geschafft haben.

Quelle: Keith Haring: 1978-1982 Die frühen experimentellen Jahre KUNSTHALLE wien, halle 2, 28. Mai – 19. September 2010