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Interview mit THOMAS ALBDORF

Vor ein paar Tagen erhielt ich einen Hinweis auf Thomas Albdorf, einem angehenden Künstler und Fotografen aus Wien. Seine spannenden und minimalistischen Werke wurden bereits in einigen Blogs gefeatured. Das Interview fand im Hof der Uni Wien statt.

artpjf: Bitte stelle dich in deinen Worten kurz vor.

T.A.: Mein Name ist Thomas Albdorf, ich bin 29 Jahre alt und studiere seit einem Jahr an der Angewandten in Wien. Mit Kunst beschäftige ich mich im allerweitesten Sinne seitdem ich denken kann, vor einem Jahr habe ich eben den Entschluss gefasst mich intensiv mit der Kunstproduktion und ihren Mechanismen zu beschäftigen.

artpjf: Wer ist Wieflingseder und wer ist Albdorf?

T.A.: Thomas Albdorf ist mein Künstlername, Wieflingseder mein gesetzlicher Name. Albdorf ist eine Kurzform des tatsächlichen Namens des Ortes, in dem ich aufgewachsen bin. Vor ungefähr 16 Jahren habe ich angefangen Graffiti zu machen, das Verwenden eines Synonyms war für mich also eine normale Sache. Ich wollte jetzt meine Existenz, die einerseits mit meinem Heimatort verbunden ist, nicht direkt mit meiner künstlerischen Arbeit in Verbindung bringen, deswegen die Abstraktion. Viele meiner Werke sind jedenfalls in meinem Heimatort entstanden.

artpjf: Als Student für transmediale Kunst an der Angewandten besuchst die Klasse bei Brigitte Kowanz, einer bekannten österreichischen Künstlerin (Ausstellung lief im MUMOK von 25.6 bis 3. 10. 2010). Die Lichtelemente, die du in deinem Werk verwendest, erinnern teilweise an sie. Inwiefern beeinflusst dich Brigitte Kowanz in deinem künstlerischen Werk?

T.A.: Sehr wenig. Die Lichtsachen, die ich mache beziehen sich mehr auf Dan Flavin. Unsere Klasse ist generell sehr offen, jeder macht alles Mögliche von Performances, Fotografie, Skulptur bis Malerei.

artpjf: Wieso dann transmediale Kunst?

T.A.: Die Klasse ist definitiv sehr konzeptlastig und die mediale Umsetzung ist wichtig, aber es gibt keinen Fokus auf eine bestimmte Richtung. Viele Studenten fluktuieren auch durch die verschiedenen Medien. Die Fotografie mache ich jetzt seit eineinhalb Jahren und im Moment sieht es danach aus, als ob ich in Zukunft wieder weniger fotografieren werde. Natürlich gibt es Leute, die nur in einem Medium arbeiten, aber eigentlich ist das Medium zweitrangig, solang es eine gewisse künstlerische Qualität hat.

artpjf: Du bist in Oberösterreich in einem Dorf mit nicht allzu vielen Einwohnern aufgewachsen, umgeben von Wald- und Farmlandschaften. Eine gewisse persönliche Beziehung zur Natur wird in deinen Arbeiten reflektiert, doch erscheint sie nicht als Protagonist, sondern vielmehr als Szenerie oder notwendiger Katalysator, um eine klare Negation im Feld herzustellen. Die aufgezeichneten geometrischen Formen und die verwendeten Materialien wie Plastik oder von Menschenhand geschaffene Objekte wie Stühle oder Lampen, scheinen eine Harmonie in dieser natürlichen Umgebung zu suchen. Glaubst du auch, dass sie sie finden? Wieso?

T.A.: Ich glaub, dass sie die Harmonie nie wirklich finden, dass es aber genau das ist, was es hoffentlich interessant macht.

artpjf: Wieso glaubst du, dass sie diese Harmonie nie finden?

T.A.: Für mich war vor allem der Wald als Ort, wo man tatsächlich nie Kunst auffinden würde interessant. Die Protagonisten sind dort total deplatziert, was für mich ein gewisses Spannungsfeld erzeugt.

artpjf: Deine Intention ist es also, keine Harmonie zu finden, sondern ein Spannungsfeld.

T.A.: Nicht ganz. Die Wahrheit liegt irgendwo dazwischen. Ich habe dieses Objekt mit, diese Schnur oder diese Folie und suche dann schon einen bestimmten Ort, wo die Umgebung mit dem Objekt spielt, aber nur bis zu einem gewissen Grad. Irgendwie möchte ich beides. Nicht alles funktioniert, aber ich versuche eine gewisse Balance zu finden. Wie ich das bestimme, weiß ich nicht genau.

artpjf: Personen, aufwändig angefertigte Szenerien oder Ähnliches kommen in deinem Werk kaum vor. Welche Intention steckt hinter dieser minimalistischen Darstellung?

T.A.: Schnelligkeit. Als ich mit meinem Studium begonnen habe, habe ich anfangs an sehr langwierigen und technisch aufwendigen Projekten gearbeitet und schnell festgestellt, dass das für mich ganz schwierig ist, da ich die Idee immer schnell umsetzen wollte. Andererseits ist es auch meine Persönlichkeitsstruktur; ich tendiere auch im graphischen eher zu Minimalistischem.

artpjf: Welche Bedeutung hätten die Objekte in deinen Bildern, wenn sie nicht zentriert wären? Wie wichtig ist diese Konzentration auf den Mittelpunkt für dich?

T.A.: Anfangs habe ich es damit gerechtfertigt, dass ich gesagt habe: Das ist kein auffälliges Objekt. Man muss dem, denke ich, eine Bühne geben. Durch das Zentrieren ist der Fokus auf meine Intervention gerichtet. In Wahrheit, denke ich, ist es ein zwangsneurotisches Verhalten. Ich zentriere einfach alles …

artpjf: Als Grafik-Designer strebst du eine gewisse Perfektion an und bist mit den Mechanismen der Werbebranche vertraut. Bei Werken wie Diagonal [Garden Flavin] oder Red Diagonal hab ich mich gefragt wieso die Diagonale von links oben nach rechts unten verläuft. Ist das eine bewusste Entscheidung von dir? Wenn ja, wieso?

T.A.: Ja, das hat eine gewisse negative Konnotation. Ich denke, dass alles vom Kontext her zu verstehen ist. Ich muss aber zugeben, dass im Moment wo ich das gemacht habe, mir das nicht ganz bewusst war…es ist einfach so entstanden. Andere Diagonalen sind auch wechselseitig. Eigentlich habe ich nie so darüber nachgedacht…

artpjf: Erzähl die Geschichte zu diesem Werk: Penrose / Cooper Diptych

T.A.: Das war eine ziemlich schnelle Sache…Ich bin ein großer Fan von Kyle MacLachlan und David Lynch. Ich hatte das Foto von Agent Cooper (Kyle MacLachlan in Twin Peaks) an meine Wand gehängt, irgendwann kurz danach habe ich dann diese Illustration von dem Penrose Dreieck gemacht, einem vermeintlich dreidimensionalen Objekt, welches aber keines ist. Beides habe ich dann nebeneinander platziert, was ich ganz schlüssig fand, da beides (Twin Peaks und Penrose) nicht wirklich lösbar scheint. Is a schneller Schenkelklopfer…

Beantworte bitte folgende Fragen kurz:

artpjf: Was für eine Baumart wärst du am liebsten?

T.A.: Hm… die Lerche. Nein stimmt nicht, habe ich jetzt nur gesagt wegen Monty Python. Hm, ich bin eigentlich allergisch auf die meisten Bäume. Wenn dann vielleicht die Birke, auf die bin ich sehr allergisch.

artpjf: Kreis oder Quadrat?

T.A.: Beides.

artpjf: Nein, geht nicht.

T.A.: Ah, das sind aber meine beiden liebsten geometrischen Formen! Nagut, Quadrat. Nein, Kreis!

artpjf: Du wirst zu einem Karaoke Abend gezwungen. Welches Lied singst du?

T.A.: Bohemian Rapsody von Queen.

artpjf: Was für ein Gebäude wärst du?

T.A.: Eine Blockhütte.

artpjf: Im Wald?

T.A.: An einem See, in den Bergen, am Wald.

artpjf: Was für eine Zahl wärst du?

T.A.: 23, mein Geburtstag.

artpjf: Mit welcher österreichischen Prominenz kannst du dich am meisten identifizieren (Künstler nicht erlaubt)?

T.A.: Puh…da brauch ich kurz. Probiere gerade an Prominente zu denken, die nicht allzu schlimm sind…Ich denke…Niki Lauda.

artpjf: Mit oder ohne Ohr?

T.A.: Nein, schon der zeitgenössische, der nur rumnörgelt.

artpjf: Deine schlechteste Angewohnheit?

T.A.: Alles zentrieren zu müssen…(seufzt).

artpjf: Deine derzeitige Ausstellungsempfehlung für Wien und Umgebung?

T.A.: Ich war vor kurzem in der Generali Foundation und habe mir unExhibit angesehen. Die Ausstellung selbst ist schwierig, aber sehr interessant.

artpjf: Was ist in nächster Zeit von dir zu erwarten?

T.A.: Ich geh gerade weg aus der Fotografie und möchte mich hin zur Skulptur bewegen. Am 10. Juni findet eine kleine Ausstellung von der Angewandten im Schikaneder in Wien statt, Titel „Kunstüberforschen“. Ab 27. Mai läuft dann das visual arts festival FAB (Fringe Arts Bath) in Bath, da bin ich auch Teil davon, und vom 9. bis 15. Juni kann man im Zuge des move Festivals im FORUM STADTPARK in Graz bei der Ausstellung „remove – reuse – recycle“ Fotos und eine Skulptur von mir sehen.

artpjf: Vielen Dank für das Interview.

Mehr zu seinen Arbeiten auf decode.at und flickr.

Brigitte Kowanz @ MUMOK Wien

Die österreischiche Lichtkünstlerin Brigitte Kowanz und ihre MUMOK-Retroperspektive „Now I see“ 25. Juni bis 3. Oktober 2010.

Die Ausstellung zeigt Spiegel, Licht und Schatten, sowie Codes und Schrift. Das Licht bildet die Grundlage ihrer Rauminstallationen, Wandarbeiten und Objekte, die sie seit den frühen 1980er Jahren entwickelt hat. Während die Sprache dabei die Eigenschaften des Lichts beschreibt [„Es ist die mächtige Kraft der Elektrizität die in allen Formen schlummert, 1998“; „Lumen, 1997“], beleuchtet das Licht die Funktionsweise der Sprache. Zusätzlich zu der Spiegelung von Licht und Sprache kommt der Spiegel als Medium der Reflexion dazu. Dadurch wird eine eigene Beziehung zwischen Kunstwerk, Raum und Betrachter und somit eine neue (Selbst-)Wahrnehmung geschaffen.

Den Höhepunkt der Ausstellung bildet ein Spiegelraum, indem die Reflexion des Lichts, der Schriften und Spiegel sich mannigfach vervielfältigen. Der Betrachter wird selbst Teil dieses Kunstwerks. „Die hybride Erscheinung des Raums wird zum Spiegel der eigenen Identität.“¹ Das heißt, dass die gekreuzte, neuerschaffene Erscheinung des Raums durch die Gegenüberstellung der Spiegel eine Konfrontation mit dem eigenen Ich erzwingt.

Als darstellende Sprache verwendet Brigitte Kowanz die Morseschrift. Das Morsealphabet taucht in verschiedenen Formen und Materialien auf; als Zeichen in teils abgeklebten einfachen oder in kreis-und reckteckförmig gebogenen Neonröhren. Der Schein des Lichts verstärkt dabei einen elektrischen Charakter der Morsezeichen, dessen Inhalt sich meist auf die Eigenschaften des Lichts selbst bezieht, was mit Titeln wie „Between Light and Darkness“, „Lateral Thinking“, „Lux“ deutlich wird.

In weiteren Werken wird die Maßeinheit der Lichtgeschwindigkeit in Zahlenreihen abgebildet, und zugleich angegeben, wie lange das Licht dafür braucht. Geschwindigkeit wird somit in Form (von Zahlen) gefasst und, mit dem Licht, auch ein Abbild seiner physikalischen Natur erstellt.

Zwei Arbeiten im öffentlichen Raum – eine Lichtmarkierung an der MUMOK Fassade, sowie ein leuchtendes Sprachbild am UNIQA Tower ergänzen die Ausstellung.

Hintergrundinformation zu Brigitte Kowanz

Geboren 1957 in Wien, studierte Kowanz vier Semester bei Wander Bertoni an der Universität für angewandte Kunst, „doch bei ihm waren die künstlerischen Grenzen sehr eng gesteckt. Er hat nur Bildhauerei zugelassen. Ich aber wollte medienübergreifend arbeiten und war ständig in Konfrontation mit ihm“. Also wechselte sie in die Klasse Oswald Oberhubers, der damals noch die Galerie nächst St.Stephan leitete, stets interessante Gastvortragende wie beispielsweise Joseph Beuys an die Schule holte. Und ihr heute noch als Role-Model für das Unterrichten dient: Denn seit 1997 leitet Kowanz die Klasse für Medienübergreifende Kunst an der Universität für angewandte Kunst:“Ich mag die Auseinandersetzung mit den Studierende. Wichtig ist, dass man dagegenhält, wenn sie zu sehr in eigene Richtung kommen. Als schwierig empfinde ich nur die Bewertung. Es ist nicht so einfach, Kritik zu formulieren, dass sie positiv unterstützt und lenkend wirkt. Ich bemühe mich immer, zu argumentiere, mich mit den Studierenden und ihren Arbeiten respektvoll auseinanderzusetzen und ihre Projekte nicht nur mit Ja oder Nein abzunicken.“

Längst zählt Brigitte Kowanz mit ihrer ebenso intellektuellen wie poetischen Kunst zu den erfolgreichsten österreichischen Kunstschaffenden ihrer Generation, seit ihrer ersten Ausstellung 1979 im Forum Stadtpark ging es steil und stetig bergauf: Triennale in Mailand, Biennalen in Venedig, Sao Paolo und Sydney, Prospect Frankfurt, Galerien- und Museumsausstellungen in Europa, USA und China. Und seit sie im Vorjahr mit dem Großen Österreichischen Staatspreis ausgezeichnet wurde – eine für Künstlerinnern immer noch äußerst rare Ehre: In der Sparte Bildende Kunst hat es vor ihr nur Maria Lassnig in den Staatspreis Olymp geschafft -, ist sie auch Mitglied des 21-köpfigen österreichischen Kunstsenats, als eine von insgesamt fünf Frauen im männerdominierten Bunde. „Was immer das auch bedeutet“, quittierte sie damals lapidar die ihr zuteil selten gewordene Ehre.

Kunst sieht sie als Weg vom Faktischen zum Möglichen:“Aber nur von innen geht es nicht. Ich brauchen Input von außen.“, sagt sie und holt sich die intellektuellen Formeln zur künstlerischen Form aus der Philosophie, etwa von Paul Virilio, der Fernsehen als indirektes Licht beschrieb, „das uns Ereignisse, die anderswo stattfinden, beleuchtet.“ Oder in der Wissenschaft:“ Wie Einstein gesagt hat: „Wenn es wahr ist, ist es schön.“ Das stimmt. Eine gute Formel ist schön.“

Brigitte Kowanz ist eine stille Künstlerin. Kein Wort zu viel. Keine Geschwätzigkeit. Stattdessen intellektuelle Präzision, intelligente Kunst:“Mir geht es darum, mit ganz einfachen Mitteln zu arbeiten und komplexe Bilder zu erzeugen.“

her ARTic impression:

In Brigitte Kowanz‘ Spiegelsaal spürt man durch eine Vervielfachung des Lichts und der im Raum befindlichen Objekte eine einzigartige Atmosphäre. Der Raum wirkt durch die Aneinanderreihung von Spiegel allmählich unendlich. Am intensivsten muss diese Atmosphäre zu spüren sein, wenn man alleine im Spiegelsaal steht und niemand einem die Sicht auf das Eigene verstellt. Der Besucher wird selbst Bestandteil der glänzend hellen Rauminstallation und begegnet sich immer wieder selbst in den Spiegeln.

Die Kombination des Zusammenwirkens der Schrift und Sprache mit dem Licht und der Spiegeln beeindruckt . Zu sehen sind vor allem große, wenig detailreiche Arbeiten. Die Botschaft soll klar und prägnant ausgedrückt werden. Dimension spielt eine große Rolle.

Obwohl nicht alle Arbeiten, den Hintergedanken der Ausstellung gut präsentieren, ist allein der Spiegelraum Brigitte Kowanz‘ ein Besuch im MUMOK Wien wert – Licht als Medium moderner Kunst.

Quelle: ¹MUMOK Brigitte Kowanz „Now I see“, ²“Endlich Unendlich“ von Andrea Schurian